BILDER DES LEBENDIGENSprachen, Imaginationen, TechnologienJunges Forum für Bildwissenschaft 2009
11. bis 13. Mai 2009
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Interdisziplinäre Arbeitsgruppen Bildkulturen und Gentechnologiebericht
Wissenschaftliche Konzeption und Organisation
Dr. Silke Domasch, Dr. Ingeborg Reichle, Dr. Steffen Siegel
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Bildkulturen
Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht
Jägerstraße 22/23
D-10117 Berlin
Inhalt
Das Lebendige zu beobachten, gehört zu den ältesten Herausforderungen naturwissenschaftlichen Forschens. Bereits die vormoderne Naturkunde hatte eine Vielzahl von Techniken entwickelt, um Phänomene, denen »Leben« zugeschrieben wird, besser zu verstehen. Erst recht aber die modernen Naturwissenschaften werden von einem Prozess getragen, der ein überaus reiches und komplexes Instrumentarium von Technologien und Verfahren zur Erforschung des Lebens hervorgebracht hat. Die Deutungsmacht, die den Biotechniken des 20. und 21. Jahrhunderts im Hinblick auf die Vorstellungen und Definitionen »vom Lebendigen« zugeschrieben wird, basiert nicht zuletzt auf dem Einfluss jener Bildsprachen und Sprachbilder, mit deren Hilfe sich diese Wissenschaften mitteilen.
Die Vielzahl der epistemischen Praktiken der Biotechniken ist an adäquate Repräsentationen gebunden, da das Wissen und die Erkenntnisse dieser Forschungsbereiche erst hierdurch gegenüber Dritten sichtbar werden können. Nur so können sie durch Dritte überprüft, bestätigt oder verworfen werden. In solchen Aushandlungsprozessen verwendet die wissenschaftliche Forschung ein weites Spektrum von Aufzeichnungstechniken, um beispielsweise mithilfe von Bild und Sprache Erkenntnisse zu beschreiben, zu erklären, zu beweisen – kurz: zu kommunizieren. Unter anderem lassen sich anhand der »Sprachen« der Wissenschaften die vielfältigen Prozesse der Kommunikation und der sich anschließenden Aushandlung von Deutungen konzise beobachten. Wie das Neue, das heißt das in Forschungen erkannte und entdeckte Wissen, sprachlich gefasst wird, lässt sich nicht allein anhand der Evolution von Metaphern und Analogien beobachten. Auch allgegenwärtige und daher scheinbar unauffällige sprachliche Mittel wie spezifische Adjektive und Verben geben Auskunft über die Strategien der Imagination und der Aneignung des Lebendigen. In vergleichbarer Weise lassen sich unter anderem auch anhand von bildgebenden Verfahren Formen der Standardisierung und der Normierung ablesen, werden Traditionen sichtbar und Erwartungen erkennbar. Ob Bilder oder Texte, Diagramme oder Karten, Tabellen oder Formeln – Repräsentationen sind grundsätzlich Strategien der Stellvertretung und damit prinzipiell bereits Interpretationen, die durch kollektive Denkstile geprägt werden.
Das Lebendige stellt für diese Prozesse wissenschaftlicher Repräsentation eine besondere Herausforderung dar. Denn wenn das Lebendige eine ihm je eigene Gegenwart besitzt, so wird die Frage nicht allein lauten können: Welche Repräsentationsstrategien sind denkbar, die dem Lebendigen angemessen sind? Vielmehr soll mit jenen, in der gegenwärtigen bio- und gentechnologischen Forschung mit hoher Intensität erforschten Fragen, wie das Leben entsteht, wie es funktioniert und unter welchen Bedingungen es sich erhalten, kopieren, reproduzieren und funktionalisieren lässt, ein zweiter Fragekomplex eröffnet werden: Welche Strategien der Imagination des Lebendigen stehen den Bio- und Gentechnologien zur Verfügung? Wie lässt sich das Lebendige überhaupt denken? An welchen Stellen berühren sich die Strategien der Erzeugung mit jenen der Simulation und der Kommunikation? Und wann schlagen die Versuche fehl, die Eigendynamik des Lebendigen zu kontrollieren oder sogar zu beherrschen? Antworten auf diese Fragen nach den »Bildern des Lebendigen« sollen sich anhand der drei Koordinaten »Sprachen«, »Imaginationen« und »Technologien« ausrichten. Der Schwerpunkt der Analysen soll auf den vielfältigen Problemen und Lösungsansätzen liegen, wie sie in den Biotechniken des 20. und 21. Jahrhunderts entwickelt worden sind und gegenwärtig entwickelt werden.
Reader zum Download
Zur Veranstaltung
Bilder des Lebendigen erschien ein Reader mit den Abstracts der Beiträge sowie einem Programmablaufplan. Der Reader steht unter
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